Sie will ja gar nicht viel

Paula Carolina hat bisher eine erstaunlich vielfältige Karriere hingelegt. Über einige Stile ist Paula im Punk angekommen. Oder ist es doch eher Indie? Oder NDW? Pop? Darüber kann man stundenlang diskutieren. Oder tanzen. Oder zuhören.
Denn da steht auch ein Mensch, der was zu sagen hat, wie sie im letzten Jahr mit dem Song "Angst frisst Demokratie" bewies. Für den Output der letzten Jahre wird Paula belohnt mit einer großen Fangemeinde, die Festivalauftritte der Mittzwanzigerin heftig abfeiert.
Jetzt wird es aber Zeit für das nächste Album. "wild" ist fertig und wird im März nächsten Jahres veröffentlicht. "Gib mir dein Geld" ist die erste Single daraus und hört sich an wie die Coverversion eines Ärzte-Songs. Wie's aussieht, wird es also heiß im März. Und noch heißer im April, wenn Paula Carolina auf Tour geht in gar nicht mehr so kleinen Hallen. Für 40 € bist du dabei. Meine Empfehlung: Gebt Paula das Geld! 

paulacarolina.de

Mensch Anna

annawydraAlso, eins vorweg: Das neue Album von Anna Wydra ist ihr verdammt gut gelungen! Ein Album alternativer Popmusik, das lebt von Akustik-Gitarren, Effekt-Gitarren, schrägen Synthies und coolen Beats. "Lonely motherfucker" streift dabei Folk und Stadion-Pop, bedroom und banger. Und im Mittelpunkt steht die Situation, in der sich Menschen in Annas Alter in dieser Zeit befinden. 
Es ist Anna Wydras zweites Studioalbum. Ein manchmal wuchtiges, manchmal zerbrechliches Statement zur Welt. In einem vielfältigen Sound mit feinen Arrangements wie bei "Only I know", wenn die Klarinette einesetzt, wo in den 80er ein Saxophon stand.
"Lonely motherfucker" macht Spaß, weil die 35 Minuten immer viel zu schnell vorbei sind. Die 11 Stücke der Hamburgerin gibt es auf dem Album gebündelt ab 14. November bei La Pochette Surprise.

annawydra.de

Foto: Jonas Albrecht

Habt ihr 'ne Minute?

In Amsterdam haben sich zwei zusammen gefunden, um überaus elegante Musik zu produzieren. Norah Jane und der Producer Mor.Lov. Auf der EP "A minute" passiert viel zwischen cool Jazz, TripHop, Dub, R&B und Soul. Fünf Tracks, die vor Lässigkeit bersten. Und wenn Norah behauptet, ihre Musik sei "laid-back, melancholic and romantic" ist das wahr wahr wahr.
Dazu die ultracoolen Sounds von Mor.Lov, die Norahs Songideen optimal umsetzen. Die EP wirkt wie eine perfekte Zusammenarbeit zwischen Produzent und Künstlerin. Es gipfelt im "N1 Dub", den Mor.Lov und Groove God Jair Darnoud für Norah Jane produzierten, weil sie versprach, dafür Essen zu holen. Bei so etwas kommen schwere bass lines heraus, warme Synthies und großartig entspannte vocals.
Das alles ist auf 17 EP-Minuten einfach viel zu kurz.
Sehr schade, aber verdammt cool!

norahjane8.bandcamp.com

Nächtens

taralilyDie britische Künstlerin hat im letzten Jahr mit ihrem Debütalbum überrascht. "Speak in the dark" verband R&B, Drum&Bass, Soul, und Jazz mit Sounds des indischen Subkontinents. Auf "Speak in the dark" folgt nun die EP "Quiet nights (Early takes)". Und dieses Werk ist deutlich jazzfokussierter, was exemplarisch der Song "Corcovado"  zeigt. Aber die EP hat erneut diese dunkel-melancholische Seite, die bereits das Debüt aufwies.
"Tropical storm" enstand in Zusammenarbeit mit King Krule, der genau wie Tara in Peckham im Süden Londons groß wurde. Der Track verbindet träumerischen King Krule Sound mit dem manchmal nächtlich-verschlafenen Gesang von Tara.
Stellt man das Debütalbum "Speak in the dark" neben die aktuelle EP erkennt man Gemeinsames, doch auch deutliche Unterschiede, die es sehr spannend machen, den weiteren Weg von Tara Lily zu beobachten.
Die neue EP begleitet eine Tour, die in Deutschland im November leider nur in Berlin und Frankfurt stoppt.

taralily.co.uk

Foto: Reuben Bastienne-Lewis

 

Dicke Lippe

Vor einigen Jahren veröffentlichte der Trompeter und Beatmaker Remy Béesau bei Blue Note Records das Debütalbum. Eine Karriere kann schlechter starten, oder? Verdient hat er sich diesen Kickstart durch seine unkonventionelle Mischung aus Jazz, Beats, HipHop und Electro. Die Tracks des Franzosen bieten meist cineastische Breite und da wundert es nicht, dass das Video zur neuen Single "Pas encore" ein schöner Kurzfilm geworden ist.
"Pas encore" eröffnet für "Une fleur et des papillons", das kommende Album von Béesau. In sechs Stücken lässt er sich erneut nicht festnageln auf eine Stilrichtung. Sicherlich klingt es jazzig, aber oft wechselt es in feiste Beats, hat feine Synths und lebt vom phantastischen Trompetenspiel des 32-jährigen. Remy Béesau beherrscht das alles, obwohl die akademische Musikausbildung an ihm gescheitert ist, weil er lieber surfen ging anstatt Partituren zu studieren.
Wer nun meint, Jazz und Trompete und ein bisschen Blingbling kenne ich doch von Till Brönner, der sollte unbedingt "Une fleur et des papillons" begutachten und hören, was sich Till Brönner alles nicht traut.
"Une fleur et des papillons" erscheint bei Béesaus eigenem Label La Belle Kaki in Zusammenarbeit mit Out of (the) blue. Am 7. November.

instagram.com/beesau

Wenn's knallt

potentialbadboy elusive

Potential Badboy ist ein Pionier der britischen Rave Kultur. Seit  mehr als 30 Jahren ist der Mann im Geschäft und hat die Szene mit unzähligen Jungle-, Drum&Bass- und Garage-Tunes ständig bereichert.
Jetzt steht das neue Album von Potential Badboy bereit. "Elusive" ist eine Werkschau des Jungle, die zum einen auf ältere Tracks zurückgreift und diese neu interpretiert, wie beispielsweise das nun mit Tochter Havana neu eingespielte "Give me a sign", das dadurch schön nach Soul klingt. Zum anderen hat der Badboy andere Ikonen der Londoner rave culture zu Kollaborationen eingeladen, allen voran The Ragga Twins und Uncle Nuts.
Und so ist dabei ein Album heraus gekommen mit selbstverständlich heftig basszentrierter Mucke, die dich nachts durch die Clubs hämmert, aber immer auch Reminiszenzen an Reggae und Ragga enthält. LordaMercy!!!

soundcloud.com/potentialbadboy