Djam & Fam (1997)

Walk like an egyptian?Weihnachten ist eine schöne Gelegenheit, die penibel sortierte CD-Sammlung von kleinen Rackern aus der Familie einer neuen, innovativen Grundordnung zuzuführen. Das hat letztens der kurze Paul für mich besorgt, ein zukünftiger Chaostheoretiker aus Köln. Dabei hat Paul auf das Konzept der maximalen Unauffindbarkeit aufgebaut, das aus unserer Versuchseinrichtung mit der polnischen Putzfrau resultierte. Im Gesamtergebnis ist mir dadurch der Raï wieder erschienen.

Raï ist diese arabische Popmusik aus Nordafrika, deren Gesangsstrukturen von unwissenden Westeuropäern häufig einem besoffenen Weihnachtsmann zugeordnet werden. Dass es sich bei der CD von 1997, die mir Paul und die Putzfrau erneut in die Hände spielten, in irgend einer Form um Raï handelte, war mir sofort klar, obwohl ich zunächst nur doof auf die bunte Hülle glotzte. Denn schließlich heißt der Opener „Raï derli“, das Stück, welches Cheb Kader 1988 zu bescheidener Popularität verhalf. Auch wenn mein genetisch auf Alzheimer disponiertes Hirn die Vergangenheit nicht restlos preisgeben wollte, wird „Raï derli“ der Grund gewesen sein, weshalb Djam & Fam damals in meinen CD-Ständer wanderte.

Es ist nicht weiter überraschend, dass sich die Band für eine Coverversion von „Raï derli“ zur Eröffnung entschied, steckt doch hinter Djam & Fam aus Besançon maßgeblich Djamel Ben Yelles, der Komponist des besagten Songs. Mit der Neuauflage zu Beginn des Albums ist der Weg gewiesen. Es ist zwar noch Raï, jedoch in vielversprechender Kombination mit HipHop- und TripHop-Elementen. Djam & Fam verschafft sich zudem größere Internationalität durch die skandinavische Sängerin Åsa Fång, die unseren Augen und Ohren die Rezeption der Musik  vereinfacht. Schön zu hören auf den beiden sehr unterschiedlichen Parts von „As one“, auch wenn dort die Raï-typische Violine von Djamel Ben Yelles weiterhin dominant ist. Dagegen wirkt „Let your soul dance“ wie Massive Attack auf Marokko-Urlaub.

Nach 12-jähriger Reifezeit im paulsicheren Raum überrascht Djam & Fam nicht wirklich. Die Kombination von Pop verschiedener Welten ist heute an der Tagesordnung. Djam & Fam ist in dieser Hinsicht den Anfängen eines neuen Raï zuzuordnen. So kann man sich beim Hören dem seligen Erinnern hingeben.