Rootsman

"Try" wird der Album-Opener sein, wenn im Mai Obongjayars erster Longplayer bei September Recordings erscheint. Das ist sehr vernünftig, denn "Try" ist ein typischer Obongjayar-Track, der im Raum schwebt, aber gleichzeitig mit beiden Füßen auf dem Boden steht. Oftmals ist es afrikanischer Boden, auf dem die Songs des britisch-nigeranischen Künstlers fußen.
Obongjayar produziert seit Jahren einen vielschichtigen Sound, der Elektro mit Afro und HipHop mit Spoken Word verbindet. Damit reiht sich der Typ in die lange Reihe nigerianischer Musiker ein, die vielleicht mit Fela Kuti begann und kein Ende zu nehmen scheint.
Obongjayars Songs sind oft bewegend und manchmal mitreißend. Es wurde Zeit, dass der Mann uns das endlich auf Albumlänge zur Verfügung stellt. Wenn "Some nights I dream of doors" der vorliegenden Single ähnlich ist, wird es ein wahnsinnig spannendes, vor Abwechslung strotzendes Album. Unruhr freut sich jedenfalls sehr auf den 13. Mai.

www.obongjay.ar

Pure pop pleasure

"Jordan und ich wollten mit unserer Musik schon immer etwas aufbauen, das groß genug für alle und jeden ist", verrät Marc Gilfry. Er ist eine Hälfte des Popduos Neil Frances. Der andere ist der Australier Jordan Feller, der vor Neil Frances als besessener Electro-DJ unterwegs war. Marc und Jordan trafen sich irgendwann in 2012 und fanden schnell heraus, dass sie gemeinsame Ideen zum Musikmachen hatten.
Und so entstand 2016 Neil Frances, das Projekt der Beiden, welches nun mit dem Debütalbum aufwartet. 14 Tracks Electropop mit viel Schmackes, einer gewissen Funkiness und 'ner Menge Seele. Das morgen erscheinende Album "There is no Neil Frances" strotzt vor Partymusik mit deutlichen Anklängen an den 90er R&B. Nach "I can feel the pressure" erscheint mir in meinen Träumen immer wieder Prince.
Neil Frances haben sich in den letzten Jahren einen Namen als Live-Act gemacht und "There is no Neil Frances" gibt der Band hoffentlich bald die Gelegenheit, das auch in Deutschland zu beweisen und den Albumtitel zu widerlegen.

www.neilfrances.com

So viele schwarze Schafe

Wenn "Shepherd" mit esoterischem Flötengedudel beginnt, klingt sich vermutlich manch einer bereits aus. Dann verpasst man allerdings den Augenblick, wenn der knochentrockene Beat einsetzt, der sich in vielen Facetten durch die sechs Minuten des Tracks zieht. Die Beats machen ein wenig auf Hip Hop und stehen damit in herrlichem Kontrast zu dem eher meditativen Ambiente von "Shepherd".
Dario Lessing lässt sich dabei von SHAMS unterstützen, die dem Song mit ihren Vocals eine metaphysische Tiefe verleiht, die besonders gut zu den Bildern des sehr gelungenen Clips passt. Da ist viel Landschaft drin, viel Fauna und Flora, Pilze in der Nacht und das Schwarz und Weiß von Mensch und Tier. Man kann sicherlich viel über "Shepherd" nachdenken. Man kann aber auch einfach nur genießen. Und man darf keinesfalls den Beat verpassen.
"Shepherd" ist die Vorhut für das kommende Album von Dario Lessing. "Frequency erscheint am 15. April.

www.instagram.com/dario_lessing

Klima das wieder hin?

Wenn Popmusik tatsächlich ein Spiegel der Gesellschaft ist, müssten uns Songs über die Klimakrise beständig um die Ohren fliegen. Bisher hält sich der Output in diese Richtung allerdings in Grenzen.
Deswegen ist der neue Song von RAUM27 augenblicklich besonders auffällig. Besonders, weil es ein schlauer Song über unsere ökologischen Probleme ist. "Das Klima wieder hin" ist kein Schlauberger-Greta-Song und auch kein Heulsusen-Schiss-Track. Im Mittelpunkt von "Das Klima wieder hin" steht dieses Scheißgefühl der Ohnmacht. Was soll man bloss tun, wenn jeder und jede jeden Tag einen guten Ratschlag hat.
Die allgegenwärtige Thematik verpacken die beiden Bremer Mathis und Tristan in einem klasse arrangierten Song, der wie eine Rakete in mehreren Stufen zündet und im klaren Rockhimmel endet.
RAUM27 zeigt sich damit vielversprechend im Hinblick auf ein irgendwann erscheinendes Debütalbum.

www.raumsiebenundzwanzig.de

Küss mich, Boy

Manchmal hört es sich so an, dass wir in Deutschland nun in Windeseile alle Probleme lösen werden. Der regierungsseitig versprochene Aufbruch sorgt dafür, dass wir das Klima retten, die geflüchteten Menschen integrieren und Mitmenschen wegen ihrer Hautfarbe oder sexuellen Orientierung nicht diskrimieren. Gerade auch Letzteres ist noch weit weg von der Realisierung. Da könnt ihr bei Betroffenen nachfragen.
Auch zwei ganz unterschiedliche Bands nehmen sich aktuell dieser Thematik an. Die schwedische Künstlerin Lucky Lo bringt heute die Single "Ever" heraus und verspricht einen Song, den "jeder, der das Gefühl hat, eine Wahrheit im Verborgenen zu leben, hören und dazu tanzen kann und das Gefühl hat, dass er akzeptiert wird." Lucky Lo verpackt diese Botschaft in einen Sound, der Alt-Pop, New Wave und Disco, mit Anklängen an die Talking Heads, Future Islands und die Bee Gees verknüpft.

Das gleiche Thema geht Portmonee aus Berlin ganz anders an. Wie wir es von der Kreuzberger Combo gewohnt sind, ist "Küss mich" Pop der brachialen Sorte. Geprägt von griffigen Gitarren, bringt der Song den häufigsten Grund von Homophobie auf den Punkt: "Ich bin nur eure Angst wie ich zu sein!" "Küss mich" gehört zum kommenden Album von Portmonee, das ihr im nächsten Monat unter dem Titel "Gesichter ohne Menschen" erwarten könnt.

www.portmon.ee
www.instagram.com/luckylomusic

Geschüttelt, nicht gerührt

Morgen kehren Blow mit ihrem zweiten Album in die Popwelt zurück. Nach drei Jahren veröffentlichen die Franzosen das zweite Kapitel ihrer Geschichte und haben sich dabei ein bisschen neu erfunden. "Shake the disease" ist ein Soul-Kracher geworden, der mit größtenteils analogen Sounds in den 70er schwelgt. Da klingt es immer nach Funk, nach Soul und nach Disco, dass es eine wahre Freude ist.
Ein Album, das jeden in die Stimmung bringt, diesen Kackvirus abzuschütteln und sich 40 Minuten dem Vergessen hinzugeben. "Shake the disease" verschweigt nicht die täglichen Probleme und Problemchen, bietet aber die stimmungsvolle Alternative. Auf die Frage: Wer bin ich überhaupt?, kann man nämlich auch mal "Scheißdrauf" antworten.
Das ist niveauvolle Unterhaltung wie sie der Titeltrack in der gewohnt stylischen Colors-Video-Session zeigt. Die morgige Veröffentlichung von "Shake the disease" bei Allo Floride Records ist ein gelungener Jahresauftakt.
Parallel zur Veröffentlichung des Albums hauen Blow die ungewöhnliche Nachricht raus, dass sie sich mit sofortiger Wirkung auflösen und die gemeinsame Bandgeschichte beenden. Wir gehen davon aus, dass dies kein PR-Gag ist. Falls doch, ist ein gelungener...

www.soundcloud.com/blow-official