20 und Anachronistin

Malva geht gern spazieren, liebt Kaffeehäuser, hält soziale Medien für entbehrlich und mag Patti Smith. Das hört ich nicht nach einer 20-jährigen Münchnerin an, pflanzt sich aber in ihrer Musik fort. Malva schreibt Songs seit sie 13 ist und hat daraus bis heute den Indie-Pop mit Chansoneinschlag entwickelt, der auch ihre aktuelle Single "Second floor" kennzeichnet. Der Song könnte auch von Sophie Hunger stammen.
"Second floor" schrieb aber Malva und das Stück ist bereits einige Jahre alt. Jetzt hat Malva das Ding endlich aufgenommen gemeinsam mit ihrem gleichaltrigen Musik-Buddy, dem Multi-Instrumentalisten und Produzenten Quirin Ebnet.
Darauf ist das Münchner Label Trikont aufmerksam geworden und deswegen ist das erste Album von Malva mehr als in Planung. Es wird im November 2022 erscheinen, weil die Songs von Malva doch so perfekt zum Herbst zu passen scheinen.

Kein Kokolores

kokoroko could we coverJust in der Woche, in der sich der Todestag eines Giganten der afrikanischen Musik zum 25. Mal jährt, veröffentlicht die britische Band Kokoroko ihr Debütalbum. Das ist deshalb erwähnenswert, weil Kokoroko die Wurzeln der Band und einiger Mitglieder in Nigeria verortet.
Die Gemeinsamkeiten von Kokoroko und Fela Kuti erschöpfen sich aber bereits in diesen Fakten, die möglicherweise dem Zufall geschuldet sind. Musikalisch sind sich Kokoroko und Fela nicht wirklich nah. Das englische Kollektiv um Bandleaderin Sheila Maurice-Grey verbindet afrikansiche Sounds deutlich mehr mit Soul, Funk und karibischen Einflüssen als der Übervater es tat. Insofern ähneln Kokoroko mehr einer anderen Afrobeat-Legende, nämlich dem Kameruner Manu Dibango. Oder wie Sheila kundtut:"Jeder von uns hat völlig verschiedene Hintergründe, aber was uns vereint als Kokoroko, ist dass wir alle eine ähnliche Liebe und Verehrung für Afrobeat und Highlife haben."
Das hört man dem heute veröfentlichten Debütalbum "Could we be more" deutlich an. Es ist eine sehr organische Bandarbeit des englischen Achters, die im großen Raum zwischen Highlife und Jazz vibriert. In manchen Teilen etwas zu brav, andernorts aber absolut mitreißend. Und immer von allerbester Soundqualität.

www.kokorokomusic.co.uk

In memoriam Fela Anikulapo Kuti

Heute vor 25 Jahren starb der vermeintliche Erfinder des Afrobeats: Fela Anikulapo Kuti. Wenige Jahre zuvor spielte Femi Kuti, der bereits damals als Musiker etablierte Sohn, in Dortmund. Es war eine große Party.

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In memoriam Fela Anikulapo Kuti

Anno 1992 sah ich in Dortmund ein Konzert von Femi Kuti, dem bereits damals als Musiker etablierten Sohn des vermeintlichen Erfinders des Afrobeat, Fela Anikulapo Kuti. Es war eine große Party. Ausschlaggebend dafür war neben der zündenden Musik der 18 Musiker, Sänger und Tänzerinnen die zahlreich erschienene afrikanische community. Und dann passierte etwas, das ich nicht vorher und bisher auch nie wieder gesehen habe.

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4630 oder 447irgendwas?

Dort draußen gibt es jemanden, der anscheinend kein Problem damit hat, in die Fußstapfen der Legende Grönemeyer zu treten. Er heißt Marlon Hammer und wurde als Straßenmusiker entdeckt in der Bochumer Kortumstraße, auf der ebenfalls keine Modenschauen stattfinden.
Marlon wird dieses Jahr erst 18, hat aber bereits einige Jahre als Musiker auf dem Buckel. Nun steht er vor der Veröffentlichung seiner Debüt-EP im Oktober, die den vielleicht etwas großspurigen Titel "Bochum 2" tragen wird. Aber hört man die erste Single des Bochumer Jungen, kann man sich nicht mehr sicher sein, ob "Bochum 2" dicke Lippe ist oder doch ein echtes Pfund. Marlon beweist mit "Hintern den Mauern" sein Händchen für leicht schräge Lyrics in Herbert-Manier. Es gehe schließlich um die „neue Generation von einem, der nachdenkt über seine Texte“, sagt Marlon dazu.
Dazu kommt ein sehr gewitztes Arrangement des Songs, das sehr pointiert, aber dennoch schön ungeschliffen daher kommt. Und der Clip auch noch im Bochumer Union Kino aufgenommen. Puh, einmal kurz durchatmen: Sollte das verkackte Bochum tatsächlich noch einmal einen großen Musiker hervorbringen?

www.instagram.com/marlonhammer

So schön einsam

rhi nocturnes coverEs verwundert, dass Rhi nicht längst eines ihre Werke "Nocturnes" genannt hat. Die Kanadierin hat das Vertonen nächtlicher Stimmungen zu ihrem Markenzeichen gemacht, seit sie 2018 ihr erstes Album veröffentlichte.
Jetzt folgt auf das zweite Album "The pale queen" eine EP mit dem angesprochenen Trademark-Titel "Nocturnes". Und wieder treibt Rhi ihr Spiel mit der elegisch-schmerzhaften Nachtstimmung, die befeuert wird durch die private Situation der Frau nach Beendigung einer langjährigen Beziehung. Klare, träge Beats mit Fingerzeigen in Richtung HipHop und Trap verschneidet Rhi mit kleinen, feinen Keyboardmelodien und ihrem zurückgenommen Gesang, der manchmal wirkt wie Rezitation.
Das ist die großartige Wirkung einfachster Stilmittel. Ich denke, ich stelle mir den Wecker auf 3 und fahr mit dem Auto durch die leere Stadt. Wozu passt "Nocturnes" besser?

www.rhimusic.bandcamp.com